Anmerkungen

Anmerkungen zu meinen Bildern

Gerda-Maria Raschke lebt und arbeitet in Hamburg und Nordfriesland. Für diesen Katalog hat sie aus ihrem umfangreichen Werk einige Arbeiten ausgewählt, die für ihre künstlerische Intention und für ihre Arbeitsweise repräsentativ sind.

Im Kriegsjahr 1944 in Hamburg geboren, wuchs sie in einer kinderreichen Familie auf, Schon vor der Schulzeit spürte sie eine starke Neigung, sich mit Buntstiften, Pinseln und Farben zu beschäftigen. Hierin wurde sie von ihrer älteren Schwester bestärkt.

Die reformpädagogisch orientierte Albert-Schweitzer-Schule legte einen besonderen Akzent auf die musische Erziehung. Ein guter Kunstlehrer ging dort behutsam mit dem jungen Talent um und half ihm in diesen für die individuelle Entwicklung wichtigen Jahren, im Zeichnen und Malen die Fertigkeiten voranzubringen und die Lust daran zu erhalten und zu steigern. – Ihren Eltern verdankt Gerda-Maria Raschke eine fröhliche und unbeschwerte Kindheit. Zumal die Mutter führte die Kinder an ihre Interessengebiete heran, zu denen vor allem die Musik und das Musizieren, aber auch die Malerei gehörten.

Ein jähes Ende fand diese unbeschwerte Zeit durch den frühen Tod der Mutter, die starb, als Gerda-Maria vierzehn Jahre alt war. Als wenige Jahre später auch der Vater unerwartet verstarb, wurde sie vor der Zeit vor die Aufgabe gestellt, in eigener Verantwortung über ihr Leben zu entscheiden. Dieses Erlebnis war für ihre Persönlichkeitsentwicklung und für ihre künstlerische Orientierung von großer Bedeutung.

1960 begann sie an der Werkkunstschule in Hamburg die Ausbildung im Fach Dekoration und Grafik. Das Studium dieser Disziplinen schloß sie 1964 mit dem Diplom ab. Diese berufspraktisch orientierte Ausbildung war die Grundlage, blieb für ihren weiteren künstlerischen Werdegang jedoch lediglich Episode.

1964 ließ sie sich an der Hochschule für Bildende Künste in ihrer Heimatstadt einschreiben und studierte dort während der folgenden drei Jahre Freie Malerei und Grafik. Wichtigster Lehrer wurde für sie Willem Grimm, der renommierte Hamburger Maler, aus dessen »Schule« namhafte Künstler hervorgegangen sind. Er hat ihr zu der ihr eigenen Grundeinstellung zum Malen und Zeichnen und der für sie charakteristischen Kultur des Farbgefühls verholfen, Auch der Schotte William Scott, der seinerzeit als Gastprofessor in Hamburg wirkte, hat ihr wichtige Einsichten und Fertigkeiten vermittelt.

Seither haben sie die rein malerischen Qualitäten ihrer Bildinhalte in wachsendem Maße interessiert. Durch Orientierung an der »französischen Peinture«, durch lasierenden und pastosen Farbauftrag, unter Verwendung von groben Füllstoffen, erzielt sie die beabsichtigte Wirkung.

1969 heiratete sie den Maler Meinhard Raschke. Der ständige Dialog mit ihm über Fragen des gemeinsamen künstlerischen Schaffens hat sich auf ihre weitere Entwicklung positiv ausgewirkt. – Die Gründung der Familie und die Erziehung der beiden Söhne hielten sie nicht davon ab, auch in dieser Zeit künstlerisch an sich weiterzuarbeiten.

Seither lebt sie im Spannungsfeld zwischen Stadt und Land, denn 1970 konnte man sich in Nordfriesland ankaufen. Bis heute verlebt sie einen guten Teil des Jahres dort oben an der Küste hart unter der dänischen Grenze. Das Erlebnis der Polarität Stadt-Land hat für ihr Werk eine wesentliche Bedeutung, Von dort empfängt sie die wichtigsten Anregungen. In der Abgeschiedenheit der eigenartigen Region sucht und findet sie das Inventar ihrer Motive: Landschaften, Tiere, Stilleben. Abstecher an die nahe Küste nutzt sie, um Badende zu skizzieren. Die hier entstehenden Bilder sind Resultat einer ausgesprochenen Freilichtmalerei. Dabei geht es ihr nicht vorrangig um die Beobachtung von Farbvaleurs. Ihre Bilder entwickeln sich unter formaler Erfindung in einer spontanen, skizzenhaften Malweise.

Sie geht gern auf Bauernhöfe und kann sich dann gelegentlich wochenlang, umgeben von Geräten und Tieren, am gleichen Platz in Stall oder Schuppen in ihre Arbeit vertiefen. Bei ihrem vorrangigen Interesse an der malerischen Qualität geht es ihr nicht so sehr um die Übermittlung einer »Botschaft«. Wenn jedoch eine wohlwollende Kritikerin ihren Tierbildern eine Symbolik unterlegt und darin die Thematisierung der Machtlosigkeit des Menschen und seines Herdentriebs erkennt, läßt sie es gelten.

Sie hat sich für eine offene Malweise entschieden, die es ihr ermöglicht, ihre Einfälle, Beobachtungen, Vorstellungen und Ideen variantenreich umzusetzen. Dementsprechend baut sie ihre Bilder über einer getönten Grundierung auf, die z.B. aus wässerigen Farben, Spachtelmasse und selbst angeriebenen Farben bestehen kann. Für die Vollendung ihrer Bilder verwendet sie Ölfarben und Lasuren. So entsteht die Transparenz und Leuchtkraft ihrer Farbkompositionen. Die so resultierende flächige, expressive und abstrahierende Malerei entspricht ihrer künstlerischen Zielvorstellung. Die Bearbeitung der Oberflächen (z.B. reliefartig) will dabei nicht als bloßes Beiwerk verstanden werden.

Für ihre Zeichnungen verwendet sie gern Aquarellkreiden. Oft kombiniert sie die Kreidezeichnungen mit Collagen oder untermalten Flächen. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit der Technik der Radierung. Bei dem Versuch, die Grenzen dieser Darstellungsform auszuloten, entstehen qualitätsvolle Stücke, deren eigenwillige und überraschende Wirkung sich auf der aufgerasterten Fläche durch Spritzen und Kratzen, auch durch die Verwendung der Techniken des Absprengens, von Aquatinta und Vernis mou einstellt. – Neben Malerei, Grafik und Zeichnen war die Arbeit mit Ton immer auch ein Schwerpunkt ihres Schaffens. Wiederum gilt ihr Interesse vor allem der Formensprache, die dieses Material herausfordert, nicht in erster Linie der Nachbildung des Gegenstandes. Aus der Beschäftigung mit dem Problem der »Übersetzung« erfindet sie die angemessene Komposition und Gestalt.

Die Suche nach dem Geheimnis des Farbigen treibt diese Künstlerin seit frühen Tagen um. Das Ergebnis ist eindrucksvoll: selbstbewußt, kraftvoll, unverkennbar in der Farbgebung und formalen Gestaltung – so wirkt ihr Werk auf den Betrachter. Der Katalog veranschaulicht das.

Harry W. Weissel

Gerda-Maria Raschke ist seit 1969 mit dem Maler- und Grafiker
Meinhard RASCHKE verheiratet und auch künstlerisch verbunden.
Ungeachtet der unterschiedlichen künstlerischen Absichten und Ausdrucksweisen, sowie der verschiedenen Temperamente, leben beide in einem regen kritischen Austausch, und durch gemeinsame Arbeit in wechselseitiger künstlerischer Kritik und Verbindung, die dem Schaffen insgesamt sehr förderlich ist. Meinhard Raschke im

Internet: www.meinhard-raschke.de